Belastetes Erbe. Provenienzforschung zu NS-Raubgut in öffentlichen Bibliotheken Sachsen-Anhalts

Zum Bibliothekssonntag am 19. März 2023 wird um 10 Uhr die Ausstellung “Belastetes Erbe. Provenienzforschung zu NS-Raubgut in Bibliotheken Sachen-Anhalts” in der Stadtbibliothek Magdeburg feierlich eröffnet. Sie gestattet auf allen Etagen Einblicke in die Arbeit und die Ergebnisse von Provenienzforschung in Sachsen-Anhalt. Die Ausstellung ist bis Ende November 2023 zu sehen.

Neben Kunstwerken gehören auch Bücher zu den Kulturgütern, die während der nationalsozialistischen Herrschaft jüdischen Bürger:innen in Deutschland geraubt wurden. Profiteur:innen waren Privatpersonen ebenso wie Institutionen. Und noch heute finden sich solche Kulturgüter in den Magazinen deutscher Bibliotheken. Mit der Ausstellung macht die Stadtbibliothek Magdeburg diesen besonderen Aspekt der Entrechtung und Verfolgung jüdischer Bürger:innen sichtbar.

Vorausgegangen ist ein mehrjähriges wissenschaftliches Forschungsprojekt des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband e.V., das durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste und das Land Sachsen-Anhalt unterstützt wurde. Die detailreiche Präsentation mit historischen Büchern, Fotos und Dokumenten erarbeiteten die am Projekt beteiligten Forscherinnen Elena Schott und Lara Mämecke gemeinsam mit Dr. Monika J. Gibas als wissenschaftlicher Leiterin.

Ein Schwerpunkt der Schau sind darüber hinaus die Schicksale der verfolgten und ermordeten jüdischen Magdeburger, deren Spuren sich in den Büchern des heutigen Historischen Bestands finden.

Die Ausstellung ist zugleich ein Beitrag zum Gedenkjahr Magdeburg 2023.

Eine rote Stadt wird braun. Die umstürzenden Ereignisse von 1933

Dienstag, 14.03.2023 | 17 Uhr | Stadtbibliothek Magdeburg

Im Vorfeld der von den Nazis angesetzten Reichstagswahlen am 5. März und den Kommunalwahlen am 12. März 1933 kam es zu zahlreichen machtpolitischen Inszenierungen der Nationalsozialisten und einer Welle gewaltsamer Angriffe auf Repräsentanten der Stadtgesellschaft. Prominenteste Opfer waren der damalige Oberbürgermeister Ernst Reuter und sein Stellvertreter Herbert Goldschmidt. Die kommentierte Lesung aus der Berichterstattung des Magdeburger General-Anzeigers in Kooperation von Stadtbibliothek und Miteinander e.V. erinnert an die institutionellen und gewalttätigen Maßnahmen zur „Machtergreifung“ in Magdeburg.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des „Gedenkjahrs Magdeburg 2023“ statt, das anlässlich der Jahrestage, die mit dem Beginn und der weiteren Entwicklung der nationalsozialistischen Diktatur verbunden sind, einen Beitrag zur Stärkung der Gedenkkultur als Teil einer demokratischen Stadtkultur leisten möchte. Die Schirmherrschaft des „Gedenkjahrs Magdeburg 2023“ hat Regina-Dolores Stieler-Hinz, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport der Landeshauptstadt Magdeburg, übernommen. Die Projektumsetzung wird ermöglicht durch die Institutionelle Förderung von Miteinander e.V. mit Mitteln des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt.

Wir gedenken der deportierten Sinti:zze und Rom:nja aus Magdeburg

Vor 80 Jahren, am 1. März 1943, löste die Stadt Magdeburg das sogenannte Zig.lager am Holzweg/Silberberg auf. Die Bewohner:innen wurden nach Auschwitz deportiert, wo 340 Sinti:zze und Rom:nja ermordet wurden. Miteinander e.V., das Bündnis gegen Rechts und die Stadtbibliothek Magdeburg laden zum Gedenken ein.

Die Gedenkveranstaltung findet am Mittwoch, den 1. März 2023, um 16.00 Uhr an der Namensstele beim Florapark (Olvenstedter Graseweg, Fußgängerzugang zum Florapark) statt. Die Ansprachen halten Dr. Cornelia Poenicke, Direktorin der Stadtbibliothek, in Vertretung von Regina-Dolores Stieler-Hinz, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport sowie Gjulner Sejdi, Vorsitzender von Romano Sumnal – Verband der Roma und Sinti in Sachsen.

Der 80. Jahrestag der Deportation der Sinti:zze und Rom:nja ist zudem Anlass für eine weitere Veranstaltung am Mittwoch, den 8. März 2023, um 17 Uhr in der Stadtbibliothek. Unter dem Titel „Kampf um die Erinnerung. Das Gedenken an Verfolgung und Ermordung der Sinti:zze und Rom:nja im Nationalsozialismus“ skizziert Leonard Stöcklein die Aufarbeitung des Porajmos, dem Holocaust an den Sinti:zze und Rom:nja, und diskutiert anhand konkreter Beispiele auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene verschiedene erinnerungskulturelle Fragen. Auch hierzu laden wir Sie herzlich ein.

Beide Veranstaltungen finden im Rahmen des „Gedenkjahrs Magdeburg 2023“ statt, das anlässlich der Jahrestage, die mit dem Beginn und der weiteren Entwicklung der nationalsozialistischen Diktatur verbunden sind, einen Beitrag zur Stärkung der Gedenkkultur als Teil einer demokratischen Stadtkultur leisten möchte. Die Schirmherrschaft des „Gedenkjahrs Magdeburg 2023“ hat Regina-Dolores Stieler-Hinz, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport der Landeshauptstadt Magdeburg, übernommen.

Zum Hintergrund

Am 4. März 1935 hatte die Stadtverwaltung Magdeburg die Errichtung eines „Zig.lagers“ beschlossen. Ab Mai 1935 mussten hier alle Sinti:zze und Rom:nja der Stadt unter widrigen Lebensbedingungen wohnen. Am 1. März 1943 wurde das Lager in einer gemeinsamen Aktion von Gestapo und Polizei aufgelöst. Sämtliche Bewohner:innen wurden verhaftet und mit 10 bis 15 Lastwagen zum Magdeburger Polizeipräsidium gebracht. Weitere Sinti:zze und Rom:nja, die nicht im Lager gelebt hatten, wurden von der Polizei gewaltsam aus ihren Wohnungen gezerrt und ebenfalls im Polizeipräsidium inhaftiert. Tags darauf wurden die Inhaftierten zusammen mit Sinti:zze und Rom:nja aus der Region vom Güterbahnhof mit dem Zug nach Auschwitz deportiert. Von 470 Deportierten überlebten 340 die Liquidierung des dortigen „Zigeunerlagers“ nicht. Insgesamt fielen dem Porajmos – dem Völkermord an den Sinti:zze und Rom:nja im Nationalsozialismus – mindestens 200.000 Menschen zum Opfer.

26. Todestag Frank Böttchers

Gedenkstein für Frank Böttcher mit einem Kranz: "Du bleibst unvergessen"

Wir laden zum Gedenken ein

Vor 26 Jahren, am 8. Februar 1997 wurde der 17jährige Frank Böttcher von einem gleichaltrigen Neonazi getötet. Er wurde angegriffen, weil der Täter sich provoziert fühlte – vom Haarschnitt und der Kleidung des jungen Punks. Frank Böttcher musste sterben, weil Neonazis Minderheiten und alternative Jugendkulturen zum Feind erklärt haben. Daran und an die Kontinuität von Menschenhass und rechter Gewalt möchten wir erinnern.

Für Mittwoch, den 8. Februar 2023, um 16 Uhr laden wir am Gedenkstein an der Haltestelle „Klinikum Olvenstedt“ zum Gedenken an Frank Böttcher ein.

Zum Hintergrund

Der 17-jährige Punk Frank Böttcher wird am 8. Februar 1997 erstochen. Am Vortag wird er von seiner weißen Hausratte „Speedy“ gebissen und entschließt sich nach Mitternacht, mit der Straßenbahn ins Krankenhaus nach Neu-Olvenstedt zu fahren, um den Biss dort behandeln zu lassen. Schon auf dem Weg wird er von drei Naziskinheads angepöbelt und als „Zecke“ beschimpft. Nach der Behandlung verlässt Frank Böttcher das Krankenhaus und geht zur circa einhundert Meter entfernten Straßenbahnhaltestelle zurück. Dort findet ein Jugendlicher ihn gegen 4 Uhr morgens auf dem Bürgersteig: blutüberströmt, mit sieben Stichverletzungen und einem Schädel-Basisbruch. Frank Böttcher stirbt gegen 5:30 Uhr in der Intensivstation des Krankenhauses.

Seitdem sind 26 Jahre vergangen. 26 Jahre, in denen das Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus wichtige Erfolge erzielte. Aber auch heute sind Hass und rechte Gewalt Teil des Alltags – auf der Straße und in den Sozialen Medien. Noch immer werden die Menschenwürde und die Liberalität der politischen Kultur in Frage gestellt. Das BgR Magdeburg an Frank Böttcher erinnern und zugleich ein Zeichen setzen für eine offene und demokratische Gesellschaft, in der jede*r angstfrei leben kann.

Der Taten erinnern, der Opfer gedenken

Auftakt zum “Gedenkjahr Magdeburg 2023”: Erinnerung an die “Machtergreifung” vor 90 Jahren

In das Jahr 2023 fallen die Jahrestage ereignisreicher Einschnitte, die mit dem Beginn und der weiteren Entwicklung der nationalsozialistischen Diktatur verbunden sind. Das „Gedenkjahr Magdeburg 2023“ trägt diesen Jahrestagen mit öffentlichen Veranstaltungen Rechnung und erinnert zum Auftakt am Montag, 30. Januar, um 16 Uhr vor dem Magdeburger Hauptbahnhof mit einer szenischen Lesung an den 90. Jahrestag der sogenannten Machtergreifung.

Ort der Erinnerung ist das in den Boden eingelassene Mahnmal, das auf dem Willy-Brandt-Platz an die Deportationen jüdischer Magdeburger erinnert. Um die zeitgenössische Wahrnehmung des nationalsozialistischen Umsturzes zu vergegenwärtigen, tragen der Künstler Herbert Beesten und der Magdeburger Museumsfachmann Tobias v. Elsner Zeugnisse Prominenter aus dem Jahr 1933 vor, darunter Schriftsteller und Publizisten wie Joseph Roth, Kurt Tucholsky und Sebastian Haffner, der Dramatiker Bertolt Brecht, aber auch der Hitler gleichsam religiös ergebene Joseph Goebbels. Die ausgewählten Texte lassen die Bandbreite der Reaktionen auf die „Machtergreifung“ erahnen, die von Euphorie bis zu Abscheu reichten und andere eher resignieren und wegsehen ließen. Musikalisch wird die szenische Lesung von dem ukrainischen Künstler Enver Ibragimov am Saxophon ausgestaltet.

Das “Gedenkjahr Magdeburg 2023” ist eine Kampagne von Miteinander e.V., dem Bündnis gegen Rechts Magdeburg und der Stadtbibliothek Magdeburg. Mit einer breit gefächerten Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus sollen Magdeburger Gedenkorte und ihre Geschichten neu und wieder entdeckt werden. Das Erinnerungsjahr will so einen “Beitrag zur Stärkung der Gedenkkultur als Teil einer demokratischen Stadtkultur” leisten, unterstreicht der Initiator Pascal Begrich als Geschäftsführer des Vereins Miteinander.

Die Schirmherrschaft des „Gedenkjahrs Magdeburg 2023“ hat Regina-Dolores Stieler-Hinz, Bürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur, Schule und Sport der Landeshauptstadt Magdeburg, übernommen.