Aber seit dem 9. Mai 1992 ging es um Leben und Tod.

Gedenken an Torsten Lamprecht

Am 9. Mai jährt sich zum 31. Mal der Angriff auf eine Geburtstagsfeier in der Gaststätte „Elbterrassen“. Dabei verletzten Neonazis den 23-jährigen Torsten Lamprecht so schwer, dass er zwei Tage später verstarb. Das Bündnis gegen Rechts erinnert an die tödliche rechte Gewalt und gedenkt Torsten Lamprecht mit einer Kundgebung am Dienstag, den 9. Mai 2023, um 16 Uhr am Torsten-Lamprecht Weg / Ecke Brücke am Wasserfall. Der Veranstaltungsort befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den ehemaligen „Elbterrassen“.

Zum Hintergrund

Am Abend des 9. Mai 1992 feierten etwa 30 Jugendliche der Magdeburger Punk-Szene den Geburtstag eines Freundes in der Gaststätte „Elbterrassen“ im Stadtteil Cracau. Kurz vor Mitternacht rissen etwa 60 neonazistische Skinheads das Tor zum Gelände auf und begannen unvermittelt mit Baseballschlägern auf die Feiernden einzuschlagen. Einer der Angreifer schoss mit Leuchtkugeln auf die panisch fliehenden Gäste. Während des 30-minütigen Angriffs riefen die Neonazis immer wieder Parolen wie „Heil Hitler!“ und „Sieg Heil!“.

Der Betreiber der „Elbterrassen“ schilderte später seine Eindrücke des Überfalls gegenüber der Magdeburger Volksstimme: „Keiner von uns wusste, was hier eigentlich passierte. Es war, als ob ein Krieg ausbrach.“ Da das Telefon nicht funktionierte, kletterte er über eine Mauer um Hilfe zu holen. In einer Nebenstraße traf er auf mehrere Streifenpolizisten. Diese verweigerten jedoch jegliche Unterstützung mit den Worten „Wir sind zu wenig Leute.“ Erst als die Angreifer bereits weg waren, traf die Verstärkung der Polizei am Ort des Geschehens ein. Dort versorgten bereits mehrere Notärzte die zum Teil schwerverletzten Partygäste. Acht von ihnen mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden – darunter Torsten Lamprecht. Er erlag am 11. Mai 1992 seiner schweren Schädelfraktur.

Immer wieder wurden Anfang der 1990er Jahre Punks, Migrant*innen und linke Jugendliche von Rechtsextremen zusammengeschlagen. Neonazis überfielen Treffpunkte von Punks wie das Jugendzentrum „Knast“ in Magdeburg-Neustadt und linke Wohnprojekte in Stadtfeld. Der Überfall auf die „Elbterrassen“ stellte den traurigen Höhepunkt dieser Reihe von rechts motivierten Angriffen dar. Jahre später beschrieb ein Freund des ermordeten Torsten Lamprecht den Angriff als tiefen Einschnitt: „Aber seit dem 9. Mai 1992 ging es um Leben und Tod.“

“Deutsche Arbeit” statt freie Gewerkschaften. Die Erstürmung der Gewerkschaftshäuser am 2. Mai 1933

Am 2. Mai jährt sich zum 90. Mal die Erstürmung der Gewerkschaftshäuser in ganz Deutschland durch die Nationalsozialisten, so auch in Magdeburg. Gewerkschaftliches Eigentum wurde beschlagnahmt, aktive Gewerkschafter:innen misshandelt und verhaftet. Im Rahmen des Gedenkjahrs Magdeburg 2023erinnert der DGB mit einer Gedenkveranstaltung am Dienstag, den 2. Mai 1933, um 17 Uhr im Gewerkschaftshaus (Otto-von-Guericke-Str. 6) erinnert an die gewaltsamen Ereignisse und die Zerschlagung der Gewerkschaften 1933.

Nach dem martialisch gefeierten “Tag der Arbeit” besetzten SA und SS-Mitglieder der Magdeburger „Standarte 21“ am 2. Mai 1933 gewaltsam die Büros der freien Gewerkschaften. Auch das erst 1932 fertiggestellte “Haus der Gewerkschaften“ am Ratswaageplatz wurde in Besitz genommen und wenig später von der DAF als „Haus der deutschen Arbeit“ wiedereröffnet.

Der DGB – Region Altmark-Börde-Harz gedenkt der gewaltsamen Zerschlagung der Gewerkschaften mit einem Vortrag des Magdeburger Historikers Guido Skirlo.

Das Massaker im Stadion „Neue Welt“ am 13. April 1945

Am 13. April 1945 ermordeten SS und Volkssturmeinheiten – darunter Angehörige der Hitlerjugend – bei einem Massaker auf dem Gelände des Stadions „Neue Welt“ mindestens 42 Häftlinge des evakuierten KZ Polte-Magdeburg.

Bereits in den frühen Morgenstunden wurden die etwa 3.700 inhaftierten Frauen und Männer mit wütendem Hundegebell geweckt, gewaltsam aus den Baracken des Außenlagers von Buchenwald getrieben und in Richtung Osten durch Magdeburg geführt. Bei einer Rast auf dem Stadiongelände „Neue Welt“ gerieten sie unter Artilleriebeschuss amerikanischer Truppen. Unter Panik versuchten die Häftlinge Deckung zu finden, woraufhin die Wachmannschaften auf die Fliehenden das Feuer eröffneten.

Nach dem Massaker wurden die Überlebenden erneut zusammengetrieben und in Marsch gesetzt. Von den etwa 3.000 weiblichen Häftlingen, die Tage später das KZ Ravensbrück erreichten, waren nur noch wenige Hundert am Leben. Die männlichen Häftlinge marschierten weiter Richtung Sachsenhausen. Die Zahl der Opfer ihres Todesmarschs ist nicht bekannt.

Seit Anfang der 1980er Jahre erinnert ein Gedenkstein an der Berliner Chaussee, nahe des ehemaligen Sportgeländes „Neue Welt“ an den Todesmarsch und das Massaker. Gegenüber dem Hauptgebäude der Polte-Werke in der heutigen Liebknechtstraße existiert in Form eines ehemaligen Lagertors ein Gedenkort für die Häftlinge des dortigen Außenlagers.

Zu den Hintergründen hat Miteinander e.V. im Rahmen des „Gedenkjahrs Magdeburg 2023 einen Blog-Beitrag veröffentlicht.

Georg Prick erinnert an den Magdeburger Juristen und Politiker Otto Landsberg

Als einer von sechs Mitgliedern im „Rat der Volksbeauftragten“ während der Novemberrevolution 1918 ist Otto Landsberg in die Geschichtsbücher eingegangen. Über Jahrzehnte hinweg wirkte der spätere erste Justizminister der Weimarer Republik in Magdeburg, woran der Jurist Georg Prick am Mittwoch, 29. März, um 17 Uhr in einem Vortrag zum „Gedenkjahr Magdeburg 2023“ in der Stadtbibliothek erinnert.

Belastetes Erbe. Provenienzforschung zu NS-Raubgut in öffentlichen Bibliotheken Sachsen-Anhalts

Zum Bibliothekssonntag am 19. März 2023 wird um 10 Uhr die Ausstellung “Belastetes Erbe. Provenienzforschung zu NS-Raubgut in Bibliotheken Sachen-Anhalts” in der Stadtbibliothek Magdeburg feierlich eröffnet. Sie gestattet auf allen Etagen Einblicke in die Arbeit und die Ergebnisse von Provenienzforschung in Sachsen-Anhalt. Die Ausstellung ist bis Ende November 2023 zu sehen.

Neben Kunstwerken gehören auch Bücher zu den Kulturgütern, die während der nationalsozialistischen Herrschaft jüdischen Bürger:innen in Deutschland geraubt wurden. Profiteur:innen waren Privatpersonen ebenso wie Institutionen. Und noch heute finden sich solche Kulturgüter in den Magazinen deutscher Bibliotheken. Mit der Ausstellung macht die Stadtbibliothek Magdeburg diesen besonderen Aspekt der Entrechtung und Verfolgung jüdischer Bürger:innen sichtbar.

Vorausgegangen ist ein mehrjähriges wissenschaftliches Forschungsprojekt des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband e.V., das durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste und das Land Sachsen-Anhalt unterstützt wurde. Die detailreiche Präsentation mit historischen Büchern, Fotos und Dokumenten erarbeiteten die am Projekt beteiligten Forscherinnen Elena Schott und Lara Mämecke gemeinsam mit Dr. Monika J. Gibas als wissenschaftlicher Leiterin.

Ein Schwerpunkt der Schau sind darüber hinaus die Schicksale der verfolgten und ermordeten jüdischen Magdeburger, deren Spuren sich in den Büchern des heutigen Historischen Bestands finden.

Die Ausstellung ist zugleich ein Beitrag zum Gedenkjahr Magdeburg 2023.