27. Todestag Frank Böttchers

Schwarz-Weiß-Porträt Frank Böttchers: Bild eines Jugendlichen mit kurzem "Irokesen"-Haarschnitt. Dazu ein Zitat seines Bruders Peter Böttcher: "Frank war ein ruhiger Mensch, der keiner Flieege etwas zu Leide tun konnte."

Wir laden zum Gedenken an Frank Böttcher ein

Vor 27 Jahren, am 8. Februar 1997, wurde der 17jährige Frank Böttcher von einem gleichaltrigen Neonazi getötet. Er wurde angegriffen, weil der Täter sich provoziert fühlte – vom Haarschnitt und der Kleidung des jungen Punks. Frank Böttcher musste sterben, weil Neonazis Minderheiten und alternative Jugendkulturen zum Feind erklärt hatten. Daran und an die Kontinuität von Menschenhass und rechter Gewalt möchten wir erinnern.

Für Donnerstag, den 8. Februar 2024, um 16 Uhr laden wir am Gedenkstein an der Haltestelle „Klinikum Olvenstedt“ zum Gedenken an Frank Böttcher ein.

Zum Hintergrund

Am Abend des 7. Februars 1997 wird Frank Böttcher von seiner weißen Hausratte „Speedy“ gebissen und entschließt sich nach Mitternacht, mit der Straßenbahn ins Krankenhaus nach Neu-Olvenstedt zu fahren, um den Biss dort behandeln zu lassen. Schon auf dem Weg wird er von drei Naziskinheads angepöbelt und als „Zecke“ beschimpft. Nach der Behandlung verlässt Frank Böttcher das Krankenhaus und geht zur circa einhundert Meter entfernten Straßenbahnhaltestelle zurück. Dort findet ein Jugendlicher ihn gegen 4 Uhr morgens auf dem Bürgersteig: blutüberströmt, mit sieben Stichverletzungen und einem Schädel-Basisbruch. Frank Böttcher stirbt gegen 5:30 Uhr in der Intensivstation des Krankenhauses.

Seitdem sind 27 Jahre vergangen. 27 Jahre, in denen das Engagement gegen Rassismus und Rechtsextremismus wichtige Erfolge erzielte. Aber auch heute sind Hass und rechte Gewalt Teil des Alltags – auf der Straße und in den Sozialen Medien. Noch immer werden die Menschenwürde und eine vielfältige Gesellschaft in Frage gestellt. Das Bündnis gegen Rechts Magdeburg möchte an Frank Böttcher erinnern und zugleich ein Zeichen setzen für eine offene und demokratische Gesellschaft, in der jede:r angstfrei leben kann.

Erinnerungspolitische Impulse für eine offene Gesellschaft

Miteinander e.V. und BgR Magdeburg beteiligen sich an der Aktionswoche „Eine Stadt für alle“

Grellbunter Hintergrund. Davor der Slogan: "Eine Stadt für alle. Initiative Weltoffenes Magdeburg".

Am 16. Januar 1945 traf Magdeburg im Zuge des Luftkriegs ein umfassendes Flächenbombardement, das zahlreiche zivile Opfer forderte. Dieses Ereignis und der nachfolgende Wiederaufbau prägten die Stadtentwicklung von Grund auf. Die breite zivilgesellschaftliche Initiative Weltoffenes Magdeburg greift die bis zum heutigen Tag fortwirkende Zäsur alljährlich als Ausgangspunkt der Aktionswoche „Eine Stadt für alle“ auf, die jeweils mit dem 27. Januar, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag, ihr Ende findet.

Auch wir – Miteinander e.V. und Bündnis gegen Rechts Magdeburg sind Teil der Aktionswoche „Eine Stadt für alle“ und freuen uns dabei zu sein. Gemeinsam mit unserem Partner, der Stadtbibliothek Magdeburg – legen wir mit der Fortsetzung des Gedenkjahrs Magdeburg die Erinnerung an die lokalen Opfer des Nationalsozialismus und ihre Bedeutung für die demokratische Gesellschaft der Gegenwart in den Mittelpunkt unserer Beiträge.

Denn so verstehen wir den Kern der Aktionswoche: Sie stellt das jährliche Gedenken an die Bombardierung Magdeburgs in den Zusammenhang des Kriegsgeschehens insgesamt, um die Erinnerungspraxis zu öffnen. Der Zweite Weltkrieg ist durch das Deutsche Reich nicht nur als Angriffs- und Eroberungskrieg entfacht worden. Von Beginn an wurde der Konflikt vielmehr auch als ideologisch motivierter Vernichtungskrieg geführt. Die Ermordung der europäischen Jüdinnen und Juden erfolgte fortwährend gezielt parallel zu militärischen Handlungen. Der NS-Ideologie einer homogenen Volksgemeinschaft vielen Angehörige vieler weitere Minderheiten und Bevölkerungsgruppen zum Opfer: Sinti*zze und Rom*nja, Osteuropäer*innen, Behinderte, Personen mit „abweichendem Verhalten“, politische Gegner*innen u.v.m. wurden ermordet oder versklavt.

Will das Gedenken anlässlich des 16. Januars diesen Kontext angemessen berücksichtigen, so muss es sich daher auf zwei Gruppen von Leidtragenden richten, deren Geschichte und Schicksale aber nicht nebeneinanderstehen, sondern aufs Engste miteinander verbunden sind. Damit beziehen wir und viele Akteur*innen Magdeburgs jedes Jahr aufs Neue erinnerungspraktisch Position gegenüber relativierenden Sichtweisen auf die Geschehnisse, die Leid und Opfer mit dem Ziel gegenüber stellen sowie deutsche Schuld und Verantwortung in Zweifel zu ziehen. Andererseits rufen vielgestaltige Beiträge zur Aktionswoche das umfassende Ausmaß des zerstörerischen und mörderischen Handelns, das auf nahezu allen gesellschaftlichen Ebenen getragen wurde, ins Bewusstsein.

Angesichts des Erstarkens und der Normalisierung rechtsextremer Diskurse ist eine demokratische erinnerungspolitische Positionierung umso notwendiger – auch als Antwort auf den wachsenden Antisemitismus.

Veranstaltung im Rahmen des Gedenkjahrs Magdeburg

(Menschen)Zoogeschichte(n) – Unerhörte Stimmen der Kolonialgeschichte
Vortrag von Johanna Tönsing
18.01.2024 | 17:00 Uhr | Stadtbibliothek

Veranstalter: Stadtbibliothek Magdeburg, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Starke Frauen in der Lichtenburg
Lesung und Gespräch mit Petra Reichenbach
18.01.2024 | 19:30 Uhr | Stadtbibliothek

Veranstalter: Stadtbibliothek Magdeburg, Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt

Interreligiöser Friedensweg
Kundgebungen und Stadtrundgang
20.01.2024 | 15 Uhr | St. Petri Kirche

Veranstalter: Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrum, Bistum Magdeburg, Evangelische Domgemeinde, Evangelische Studierendengemeinde Magdeburg, Förderverein Neue Synagoge Magdeburg e.V., Jüdische Gemeinde zu Magdeburg e.V. Kathedralgemeinde St. Sebastian, Katholische Erwachsenenbildung Sachsen-Anhalt e.V., Roncalli-Haus, Bürgerinitiative „Mut zur Begegnung“, Miteinander e.V., Weltladen Magdeburg

Nazis und der Nahe Osten – Wie der islamische Antisemitismus entstand
Autorenlesung mit Matthias Küntzel
22.01.2024 | 19:30 Uhr | Stadtbibliothek

Veranstalter: Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, Stadtbibliothek Magdeburg

Von ihrer Kirche verlassen…
Vortrag und Gespräch mit Waltraud Zachhuber
24.01.2024 | 17 Uhr | Stadtbibliothek

Veranstalter: Stadtbibliothek Magdeburg, Miteinander e.V.

Zerbrechlich und Wortgewaltig: Stimmen von Frauen gegen das Vergessen, gegen Verachtung und Unterdrückung
Lesung
25.01.2024 | 17 Uhr | Stadtbibliothek

Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen-Anhalt, Stadtbibliothek Magdeburg, Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt

Verqueres Denken – Reichsbewegte und Querdenkende
Vortrag und Gespräch mit Andreas Speit
25.01.2024 | 19:30 | Stadtbibliothek

Veranstalter: Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, Stadtbibliothek

Der Taten erinnern, der Opfer gedenken
Kundgebung und Lesung zum Internationalen Holocaust-Gedenktag
27.01.2024 | 16 Uhr | Willy-Brandt-Platz (vor dem Hbf.)

Veranstalter: Stadtbibliothek Magdeburg, Miteinander e.V., Bündnis gegen Rechts Magdeburg

Details zu den Veranstaltungen und eine Übersicht zum Gesamtprogramm der Aktionswoche „Eine Stadt für alle“ finden sich auf der Website der Initiative Weltoffenes Magdeburg.

Aber seit dem 9. Mai 1992 ging es um Leben und Tod.

Gedenken an Torsten Lamprecht

Am 9. Mai jährt sich zum 31. Mal der Angriff auf eine Geburtstagsfeier in der Gaststätte „Elbterrassen“. Dabei verletzten Neonazis den 23-jährigen Torsten Lamprecht so schwer, dass er zwei Tage später verstarb. Das Bündnis gegen Rechts erinnert an die tödliche rechte Gewalt und gedenkt Torsten Lamprecht mit einer Kundgebung am Dienstag, den 9. Mai 2023, um 16 Uhr am Torsten-Lamprecht Weg / Ecke Brücke am Wasserfall. Der Veranstaltungsort befindet sich in unmittelbarer Nähe zu den ehemaligen „Elbterrassen“.

Zum Hintergrund

Am Abend des 9. Mai 1992 feierten etwa 30 Jugendliche der Magdeburger Punk-Szene den Geburtstag eines Freundes in der Gaststätte „Elbterrassen“ im Stadtteil Cracau. Kurz vor Mitternacht rissen etwa 60 neonazistische Skinheads das Tor zum Gelände auf und begannen unvermittelt mit Baseballschlägern auf die Feiernden einzuschlagen. Einer der Angreifer schoss mit Leuchtkugeln auf die panisch fliehenden Gäste. Während des 30-minütigen Angriffs riefen die Neonazis immer wieder Parolen wie „Heil Hitler!“ und „Sieg Heil!“.

Der Betreiber der „Elbterrassen“ schilderte später seine Eindrücke des Überfalls gegenüber der Magdeburger Volksstimme: „Keiner von uns wusste, was hier eigentlich passierte. Es war, als ob ein Krieg ausbrach.“ Da das Telefon nicht funktionierte, kletterte er über eine Mauer um Hilfe zu holen. In einer Nebenstraße traf er auf mehrere Streifenpolizisten. Diese verweigerten jedoch jegliche Unterstützung mit den Worten „Wir sind zu wenig Leute.“ Erst als die Angreifer bereits weg waren, traf die Verstärkung der Polizei am Ort des Geschehens ein. Dort versorgten bereits mehrere Notärzte die zum Teil schwerverletzten Partygäste. Acht von ihnen mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden – darunter Torsten Lamprecht. Er erlag am 11. Mai 1992 seiner schweren Schädelfraktur.

Immer wieder wurden Anfang der 1990er Jahre Punks, Migrant*innen und linke Jugendliche von Rechtsextremen zusammengeschlagen. Neonazis überfielen Treffpunkte von Punks wie das Jugendzentrum „Knast“ in Magdeburg-Neustadt und linke Wohnprojekte in Stadtfeld. Der Überfall auf die „Elbterrassen“ stellte den traurigen Höhepunkt dieser Reihe von rechts motivierten Angriffen dar. Jahre später beschrieb ein Freund des ermordeten Torsten Lamprecht den Angriff als tiefen Einschnitt: „Aber seit dem 9. Mai 1992 ging es um Leben und Tod.“

14. Todestag von Rick Langenstein

Wir laden für den 16. August 2022 um 16 Uhr zur Gedenkveranstaltung ein

Gedenkstein für Rick Langenstein

Für Dienstag, den 16. August 2022, laden wir zum Gedenken an den vor 14 Jahren von einem Neonazi getöteten Rick Langenstein ein. Die Veranstaltung beginnt um 16.00 Uhr am Gedenkstein im Hektorweg/Ecke Pallasweg im Stadtteil Magdeburg-Reform.

Zum Hintergrund

In der Nacht zum 16. August 2008 wurde der 20-jährige Rick Langenstein in der Nähe der Diskothek „Funpark“ (Magdeburg-Reform) so schwer durch Schläge und Tritte verletzt, dass er an seinem eigenen Blut erstickte. Zwei Tage nach der Tat nahm die Polizei einen wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und räuberischer Erpressung vorbestraften Rechtsextremen fest. Das Landgericht Magdeburg verurteilte den bekennenden Neonazi zu acht Jahren Jugendstrafe wegen Totschlags und Diebstahls. Das Gericht sah als erwiesen an, dass der 19-Jährige den angehenden Kunststudenten Rick Langenstein in der Nähe der Diskothek so brutal misshandelte, dass er noch am Tatort starb.

Familienangehörige und Freund*innen von Rick Langenstein fassten bereits nach der Beerdigung den Entschluss, am Tatort einen Stein zur Erinnerung und Mahnung aufzustellen. Unterstützung erhielten sie von verschiedenen Institutionen der Zivilgesellschaft sowie der Landeshauptstadt Magdeburg. An einer Unterschriftenaktion beteiligten sich mehr als 1.000 Menschen. Der Gedenkstein wurde 2009 wenige Meter vom Tatort entfernt auf öffentlichem Grund aufgestellt.

Solidarisch durch die Pandemie

Wir stehen ein für einen solidarischen Umgang mit der Pandemie und gegen die Verharmlosung ihrer Risiken. Wir stehen für eine konstruktive Debatte über Schutzmaßnahmen, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, und gegen die Verbreitung von antisemitischen Verschwörungserzählungen. Wir widersetzen uns der zunehmenden Vereinnahmung des öffentlichen Raums durch die extreme Rechte.

Am 5. März will die AfD im Rahmen eines bundesweiten Aktionstags ihre menschenverachtende Propaganda als „Volksfest“ auch in das Zentrum Magdeburgs tragen. Das wollen wir nicht hinnehmen.

Kommt mit uns auf den Domplatz und protestiert gegen die rechtsextreme AfD. Wir laden gemeinsam mit dem Bündnis Solidarisches Magdeburg und #unteilbar Sachsen-Anhalt zu drei Kundgebungen ein:

  • ab 12.30 Uhr an der Nordseite des Domplatzes (Landtagsseite)
  • ab 12.30 Uhr vor dem Westportal des Domes
  • ab 12.30 Uhr Fahrraddemo (Treffpunkt: Hasselbachplatz)

Lasst uns ein sichtbares und lautstarkes Zeichen setzen für Solidarität und Vernunft in der Corona-Pandemie, gegen Irrationalität und Menschenverachtung. Bringt Transparente, Musikinstrumente, Trillerpfeifen und eure Stimmen mit, damit wir laut sein können. Seid solidarisch, testet Euch, tragt Masken und haltet Abstand.

Hintergrund:

Die AfD ruft für den 5. März zu einem bundesweiten Aktionstag in mindestens acht Städten auf, so auch in Magdeburg. Ab 13 Uhr soll eine Kundgebung mit Björn Höcke und anderen Akteuren der AfD stattfinden, die als sogenanntes Volksfest deklariert wird. Laut der öffentlichen Bewerbung mobilisieren auch die AfD-Landesverbände Brandenburg, Thüringen und Berlin nach Magdeburg. Mit der Parole „Für freie Impfentscheidung und gegen die Impfpflicht“ versucht die AfD, sich an die Spitze der „Querdenker“-Bewegung zu stellen. Jedoch geht es der AfD nicht um die Gesundheit der Menschen, wie eines ihrer Plakatmotive verdeutlicht. Mit dem Slogan „Kontrolliert die Grenzen – nicht unseren Impfstatus“ versucht die AfD, die Sorgen der Menschen für ihre rassistischen und menschenfeindlichen Ziele zu instrumentalisieren. Die AfD mobilisiert seit zwei Jahren gegen das Impfen und nicht für eine „freie Impfentscheidung“. In Gebieten, in denen die AfD stark ist, ist die Impfquote nachweislich niedrig und die Corona-Infektionszahlen hoch. Parteistrategen verbreiten gezielt Falschinformationen, die wissenschaftlich widerlegt sind, um Menschen zu verunsichern. Weiterhin haben Vertreter*innen der AfD offen die radikalisierten „Corona-Spaziergänge“ unterstützt und dazu beigetragen, den Rechtsstaat, das öffentliche Leben und eine Gesellschaft der Vielfalt zu destabilisieren.