Lesetipp: „Das Buch gegen Nazis“

Erste Hilfe gegen Nazis – das Handbuch zum Rechtsextremismus

Das Buch gegen NazisEine neue Studie zeigt: Neonazis haben unter Schülern immer mehr Zulauf. Rassismus und Fremdenhass nehmen zu in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Was tun gegen Nazis? Erste Hilfe bietet dieses Buch.

Rechtsextremismus breitet sich aus, nicht nur unter Jugendlichen. Neonazis erkennt man längst nicht mehr an Springerstiefeln und Glatze. Ihre Anführer geben sich cool – sie locken mit Musik, Abenteuern und modischem Chic.

Immer mehr Menschen fragen: Was tun? Welche Rezepte gibt es, um friedlich und kreativ gegen Rechtsextreme und Rassisten vorzugehen – sei es als Nachbar, im Sportverein, in der Schule oder am Arbeitsplatz? Und was ist Rechtsextremismus überhaupt? Soll man mit Nazis eigentlich diskutieren? Woran erkenne ich die?

Wie soll man auf Drohungen von Rechtsextremisten reagieren? Was tue ich, wenn meine beste Freundin plötzlich NPD wählt? Hilft ein Verbot der Partei? Und sind Sitz blockaden bei Neonazi-Demonstrationen eigentlich strafbar?

Das Buch gegen Nazis vermittelt kompaktes Wissen und gibt praktische Tipps. Es stellt beispielhafte Initiativen vor und empfiehlt Ansprechpartner für Ratsuchende.

Ein Anhang mit zahlreichen Fotos erklärt die Erkennungszeichen der Nazis von heute.

Mit Vorworten von Thomas Krüger und Giovanni di Lorenzo und Beiträgen von zahlreichen Fachautoren.

Ein Projekt der ZEIT und der Bundeszentrale für politische Bildung

Toralf Staud und Holger Kulick „Das Buch gegen Nazis“ (Verlag Kiepenheuer & Witsch, 303 S., 12,95 Euro)

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Kundgebung am 2. Juli: „Kein Ort für Nazis!“

Kundgebung "Kein Ort für Nazis"

Gegen den Einzug der rechtsextremen NPD in den Magdeburger Stadtrat!
Kungebung am 2. Juli 2009

Erstmalig wird ein Mitglied der rechtsextremen NPD als gewählter Vertreter in den Magdeburger Stadtrat einziehen. Nachdem der stimmenmäßig stärkste NPD-Kandidat Michael Grunzel seinen Verzicht erklärt hat, rückt nun Matthias Gärtner nach. Mit 4.019 Stimmen bzw. 2,01 Prozent schnitt die NPD im Vergleich aller in Magdeburg angetretenen Parteien und Wählervereinigungen am schlechtesten ab. Ihr selbst erklärtes Ziel, den Einzug in Fraktionsstärke, verfehlte die rechtextreme Partei deutlich. Der Anspruch auf eine Fraktionsgeschäftsstelle mit einem/r Mitarbeiteiter/in, finanziert aus öffentlicher Hand, ist damit verwirkt. Alle demokratischen Mandatsträger/innen schlossen vor und nach der Wahl mit Verweis auf die antidemokratische und menschenverachtende Programmatik der NPD jegliche Zusammenarbeit mit ihrem Vertreter aus. Dennoch ist zu erwarten, dass Matthias Gärtner den Stadtrat als Bühne zur öffentlichen Propagierung der rechtsextremen Ideologie sowie für aggressive verbale Angriffe auf Mitglieder der demokratischen Fraktionen missbrauchen wird.

Kein Ort für Nazis!
Gegen den Einzug der NPD in den Magdeburger Stadtrat!

Das Bündnis gegen Rechts ruft daher alle Magdeburgerinnen und Magdeburger auf, am Donnerstag, den 2. Juli 2009, ab 13.30 Uhr Gesicht gegen Rechtsextremismus vor dem Magdeburger Rathaus zu zeigen.

Ab 14.00 Uhr werden die Mandatsträger/innen im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Stadtrates vereidigt. Die Besucher/innentribüne steht allen Interessierten offen.

Zum Hintergrund

Die NPD begreift sich selbst als systemoppositionelle Kraft. Ihre Weltanschauung beruht auf der Idee der Ungleichwertigkeit von Menschen. Sie ist rassistisch, antisemitisch und nationalistisch. Sie lehnt sowohl universell geltende Menschenrechte als auch die Demokratie ab und propagiert stattdessen das Gesellschaftsmodell einer homogenen Volksgemeinschaft in einem autoritären Staat. Die konstruktive Diskussionskultur der parlamentarischen Demokratie betrachtet die NPD als überflüssig. Effiziente Politik wird in ihren Augen allein von politischen Soldaten gemacht, die als unabhängige Führungspersönlichkeiten Entscheidungen von oben fällen. Vor diesem Hintergrund – und in Anlehnung an die so genannte Machtergreifung der Nationalsozialisten – dient ihr der Parlamentarismus nur als Mittel zur Abschaffung der Demokratie.

Der 25-jährige Politikstudent Matthias Gärtner gilt als einer der „intellektuellen“ Köpfe der rechtsextremen Szene in Sachsen-Anhalt. Er ist stellvertretender Vorsitzender des NPD-Landesverbandes und stellvertretender Bundesvorsitzender der JN. Gärtner war 2007 Mitbegründer des „Nationalen Bildungskreises“ (NBK), der auf die „Manifestierung einer geistigen Gegenelite“ im Sinne des Rechtsextremismus abzielt. An der Otto-von-Guericke-Universität gründete er die rechtsextreme Hochschulgruppe „Studentische Interessen“, konnte diese jedoch nicht dauerhaft etablieren. Gärtner ist auch als Autor des JN-Periodikums „Hier & Jetzt“ und bei rechtsextremen Aufmärschen in Sachsen-Anhalt präsent. So nutzte er im November 2008 eine neonazistische Demonstration „gegen Kindesmissbrauch“, um gegen den „negriden Präsidenten Kanack…äh…Barack Obama“ zu hetzen. Bei
der Eröffnung einer Ausstellung zum Thema „Neofaschismus in Deutschland“ in Berlin-Marzahn 2008 bezeichnet er die Bundesrepublik Deutschland als „schwach und verkommen“. Nach der Räumung eines rechten Objektes in Magdeburg-Neustadt im August 2008 drohte Gärtner den Verantwortlichen von Polizei und Innenministerium: „Die Gestalten machen es nicht mehr lange und die Knüppelschwinger von einst sind dann nicht Vergessen. Versprochen!“

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Ein Zeichen der Erinnerung und Hoffnung

Einweihung eines Gedenksteins für getöteten Rick L. in Magdeburg

„Genau 290 Tage ist es nun her, dass einer der liebevollsten und unschuldigsten Menschen, die ich kannte, an dieser Kreuzung auf grausamste Art und Weise ermordet wurde.“ Die junge Frau, die mit dem angehenden Kunststudenten Rick L. eng befreundet war, ringt bei ihrer Ansprache mit den Tränen. Mehr als 50 Menschen hatten sich am Vormittag des 2. Juni 2009 im Magdeburger Stadtteil Reform zusammengefunden. Magdeburgs Oberbürgermeister, zwei Beigeordnete, zahlreiche Stadträte sowie Vertreter/innen des Bündnis gegen Rechts weihten gemeinsam mit Familienangehörigen und Freund/innen in unmittelbarer Nähe zum Tatort einen Gedenkstein für Rick L. ein. Der junge Mann wurde am 16. August 2008 nach dem Besuch einer Diskothek von einem bekennenden Neonazi durch Schläge und Tritte so schwer verletzt, dass er an seinem eigenen Blut erstickte.

Mehr als 50 Menschen beteiligten sich an der Einweihung des Gedenksteins für Rick

Breite Solidarität

Familienangehörige und Freund/innen von Rick L. fassten bereits nach der Beerdigung den Entschluss, am Tatort einen Stein zur Erinnerung und Mahnung aufzustellen. Unterstützung erhielten sie vom Geschwister-Scholl-Gymnasium, an dem der junge Mann ein Jahr zuvor sein Abitur ablegte, und der Mobilen Opferberatung bei Miteinander e.V.. An einer Unterschriftenaktion beteiligten sich mehr als 1.000 Menschen.

Der Eigentümer eines Teppichmarktes, auf dessen Grundstück Rick L. in einem Gebüsch liegend verstarb, verweigerte den Hinterbliebenen jegliche Unterstützung und damit die Aufstellung des Steins auf seinem Firmengelände. Die Initiator/innen wandten sich daraufhin an den Magdeburger Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper. Die Stadt sicherte Hilfe zu. Das Tiefbauamt stellte den Stein zur Verfügung, und der städtische Eigenbetrieb „Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg“ fertigte die Gedenkplatte an. Die Inschrift lautet: „Im Gedenken an Rick. Rick wurde am 16.08.2008 an dieser Kreuzung durch feige und sinnlose Gewalt aus unserem Leben gerissen. In unserem Herzen wirst du immer weiter leben! Familie und Freunde von Rick.“ Der Gedenkstein wurde wenige Meter vom Tatort entfernt auf öffentlichem Grund aufgestellt.
Im Gedenken an Rick

Gedenkstein als Zeichen der Hoffnung für Zivilcourage

Heike Kleffner von der Mobilen Opferberatung lobte die unbürokratische Hilfe des Oberbürgermeisters und der Stadtverwaltung als politisches Signal gegen Rechtsextremismus. Der Stein stelle für sie nicht nur ein Ort der Erinnerung an Rick sondern auch ein Zeichen der Hoffnung dar, „dass rechte Gewalt zukünftig keine Todesopfer mehr fordert. Ein Zeichen der Hoffnung dafür, dass mehr Bürger einschreiten werden, wenn andere Menschen von Rechtsextremen angepöbelt oder gar angegriffen werden.“ Die Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene kostete allein in Magdeburg seit 1990 drei jungen Männern das Leben, deutschlandweit sind es über 135.

Acht Jahre Jugendhaft für Neonazi – Verteidiger legt Revision ein

Die Polizei nahm am 18. August 2008 Bastian O., der bis Anfang 2008 bereits wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und räuberischer Erpressung eine Haftstrafe abgesessen hatte, unter dringendem Tatverdacht fest. Während der Gerichtsverhandlung vom Dezember 2008 bis Mai 2009 machte der Neonazi aus seiner Gesinnung keinen Hehl. Mit kahl rasiertem Schädel und einer Jacke der bei Rechtsextremen beliebten Marke „Thor Steinar“ verfolgte Bastian O. im Dezember 2008 die Verlesung der Anklageschrift. Fernsehbilder zeigen, wie der Neonazi bei der Urteilsverkündung einen Ring mit der „Schwarzen Sonne“, einem von der SS im Nationalsozialismus verwendetes Symbol, trägt. Das Landgericht Magdeburg sah es als erwiesen an, dass Bastian O. den jungen Mann zu Tode geprügelt und im Anschluss beraubt hat. Das Strafmaß sah acht Jahre Jugendhaft vor. Nach Informationen des Bündnis gegen Rechts Magdeburg hat der Verteidiger inzwischen Revision gegen das Urteil eingelegt.

Aufruf zu Spenden

Freundinnen und Freunde von Rick L. haben im vergangenen Jahr am Tatort mit Grabkerzen und Blumenschmuck ein kontinuierliches Gedenken an den angehenden Kunststudenten aufrecht erhalten. Sie wollen diese Form der Erinnerung auch am Gedenkstein fortführen. Da Unbekannte in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Grabkerzen und Blumenschmuck zerstörten, bitten wir im Namen der Freundinnen und Freunde von Rick L. um Spenden für Grabkerzen und Blumenschmuck am Gedenkstein. Die Spenden werden vom „Opferfonds“ an die Freundinnen und Freunde weitergeleitet und sind steuerlich abzugsfähig.

Spendenkonto:
Kto.-Nr: 53 53 53
BLZ 810 205 00
Bank für Sozialwirtschaft
Kontoinhaber: Miteinander e.V.
Stichwort: Opferfonds / Würdiges Gedenken

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Öffentliche Einweihung des Gedenksteins für Rick L.

Dienstag, den 2. Juni 2009, 11.00 Uhr, Magdeburg-Reform, Pallasweg, Ecke Hektorweg
Redner/innnen: Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper, Freund/innen von Rick L., Mobile Opferberatung

Am kommenden Dienstag, den 2. Juni 2009, wird der Gedenkstein für den am 16. August 2008 von einem Neonazi getöteten 20-jährigen angehenden Kunststudenten Rick L. in Sichtweite zum Tatort öffentlich eingeweiht. Dank der schnellen und unbürokratischen Unterstützung durch die Stadt Magdeburg und des Büros des Oberbürgermeisters wird damit der Wunsch der Angehörigen und Freund/innen nach einem würdigen Gedenken an Rick L. umgesetzt. Der Gedenkstein trägt die Inschrift: „Im Gedenken an Rick. Rick wurde an dieser Kreuzung am 16.08.2008 durch feige und sinnlose Gewalt aus unseren Herzen gerissen. ‚In unseren Herzen wirst du immer weiter leben.’ Familie und Freunde von Rick“.

Der gewaltsame Tod von Rick L. durch einen 20-jährigen, einschlägig vorbestraften Neonazi gehört zu den Tötungsdelikten aus dem Jahr 2008, die auch das Bundesinnenministerium als politisch rechts motiviert wertet. Zur Erinnerung: Am 19. Mai 2009 verurteilte das Landgericht Magdeburg den u.a. wegen Körperverletzung und Volksverhetzung vorbestraften Neonazi Bastian O. zu einer Jugendhaftstrafe von acht Jahren wegen Totschlags. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Bastian O., nachdem ihn Rick L. bei einem zufälligen Zusammentreffen nach einem Besuch der Diskothek „Fun Park“ als „Hobbynazi“ bezeichnet hatte, mit unzähligen Schlägen und Tritten tödlich misshandelte.

Ein wichtiges Zeichen

„Die Errichtung des Gedenksteins ist ein wichtiges Zeichen, dass die tödliche Dimension rechter Gewalt in Magdeburg nicht länger verschwiegen wird,“ sagt eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Denn seit 1990 starben in Magdeburg bei rechten Gewalttaten mindestens drei junge Menschen aus der Punk-Szene und aus nicht-rechten Jugendkulturen: Am 9. Mai 1992 wurde Thorsten Lamprecht bei einem Überfall von etwa 60 Neonaziskins auf eine Punkparty in dem Magdeburger Lokal „Elbterrassen“ mit einem Baseballschläger schwer verletzt. Der damals 23-jährige Punk starb an den Folgen der Verletzungen. Am 8. Februar 1997 starb in Magdeburg-Olvenstedt der 17-jährige Frank Böttcher an einer Straßenbahnhaltestelle an den tödlichen Messerstichen eines gleichaltrigen Naziskinheads.

Rick L., Frank Böttcher und Thorsten Lamprecht starben, weil sie im Weltbild der extremen Rechten als Nicht-Rechte, Alternative und Punks zu den politischen Gegnern gehören, die mit allen Mitteln und entgrenzter Gewalt bekämpft werden. Viele andere Betroffene aus nicht-rechten Jugendkulturen sind seit 1990 in Magdeburg bei rechten Angriffen verletzt worden; einige leiden dauerhaft unter den körperlichen und psychischen Folgen der Gewalttaten.

Aufruf zu Spenden

Freundinnen und Freunde von Rick haben im vergangenen Jahr am Tatort mit Grabkerzen und Blumenschmuck ein kontinuierliches Gedenken an den angehenden Kunststudenten aufrecht erhalten. Sie wollen diese Form der Erinnerung auch am Gedenkstein aufrecht erhalten. Da in den vergangenen Wochen und Monaten sowohl Grabkerzen als auch Blumenschmuck immer wieder von Unbekannten zerstört wurden, bitten wir im Namen der Freundinnen und Freunde von Rick L. unter dem Stichwort „Würdiges Gedenken“ um Spenden für Grabkerzen und Blumenschmuck am Gedenkstein. Die Spenden werden vom „Opferfonds“ an die Freundinnen und Freunde von Rick L. weitergeleitet und sind steuerlich abzugsfähig.

Spendenkonto:
Kto.-Nr: 53 53 53
BLZ 810 205 00
Bank für Sozialwirtschaft
Kontoinhaber: Miteinander e.V.
Stichwort: Opferfonds / Würdiges Gedenken

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Die rechtsextreme NPD im Kommunalwahlkampf

Hintergründe, Forderungen, Kandidaten

Magdeburg wählt am 7. Juni 2009 einen neuen Stadtrat. Mit aller Macht drängt die NPD in das Alte Rathaus – in Fraktionsstärke, wie sie nicht müde wird zu betonen. Einerseits soll mit dem Zugriff auf materielle Ressourcen die kränkelnde Infrastruktur des sachsen-anhaltischen Landesverbandes auf Vordermann gebracht werden. Andererseits will die rechtsextreme Partei die Ausgangsbasis für die Landtagswahlen in zwei Jahren verbessern.

Ideologische Grundlagen

Die NPD begreift sich selbst als systemoppositionelle Kraft. Ihre Weltanschauung beruht auf der Idee der Ungleichwertigkeit von Menschen. Sie ist rassistisch, antisemitisch und nationalistisch. Sie lehnt sowohl universell geltende Menschenrechte als auch die Demokratie ab und propagiert stattdessen das Gesellschaftsmodell einer homogenen Volksgemeinschaft in einem autoritären Staat. Die konstruktive Diskussionskultur der parlamentarischen Demokratie betrachtet die NPD als überflüssig. Effiziente Politik wird in ihren Augen allein von politischen Soldaten gemacht, die als unabhängige Führungspersönlichkeiten Entscheidungen von oben fällen. Vor diesem Hintergrund – und in Anlehnung an die  so genannte Machtergreifung der Nationalsozialisten – dient ihr der Parlamentarismus nur als Mittel zur Abschaffung der Demokratie.

Forderungen und Ziele der NPD im Kommunalwahlkampf

Anders als zur Kommunalwahl 2007 präsentiert die NPD aktuell Fragmente eines Wahlprogramms, das sie mit „Arbeit – Heimat – Zukunft“ überschreibt. Gesellschaftspolitisch fordert sie hierin eine „Volksgemeinschaft statt Ellenbogengesellschaft“. Diese biologistisch und kulturalistisch definierte deutsche „Volksgemeinschaft“ ist ein rassistisches Konstrukt, das sich gegen eine angebliche „Überfremdung“ Deutschlands sowie gegen eine „Entfremdung“ des deutschen Volkes von seiner Heimat durch die „kapitalistische Globalisierung“ richtet. Ein starker (Führer-)Staat soll einen vermeintlichen „Volkswillen“ und den Zusammenhalt der Gemeinschaft sichern. Dabei sieht sich die NPD als einzige „wahre“ Volkspartei und brandmarkt das Mehrparteiensystem als einen Ausdruck einer „Zersplitterung der Gesellschaft“.

Als zentrales sozialpolitisches Ziel nennt die NPD die „Rettung des Sozialstaats“ und die „Bekämpfung des liberalen Nachtwächterstaats“. Wirtschaftspolitisch tritt sie ein für eine „raumorientierte nationale Volkswirtschaft – gegen Raubtierkapitalismus und Globalisierung“. Diese Anti-Globalisierungs-Rhetorik sowie die Forderung der NPD nach einem Ausbau von Sozialleistungen stehen im Kontext einer Ideologie der „Volksgemeinschaft“: Die Streichung aller Sozialleistungen für „nicht blutdeutsche“ Menschen soll die Unterstützung von Menschen mit „deutschem Blut“ finanzieren. Die deutsche Wirtschaft soll durch eine aggressive Ex- und  eine restriktive Importpolitik vor ausländischen Einflüssen geschützt und auf Kosten anderer Länder gestärkt werden. Ziel ist die wirtschaftliche Autarkie Deutschlands.

Insgesamt ordnet die NPD wirtschaftliche Fragestellungen ihren politischen Zielsetzungen unter, indem sie etwa formuliert, dass die Wirtschaft dem Volk dienen müsse. Dieses Prinzip soll im Rahmen der „Betriebsgemeinschaft“ umgesetzt werden, in der betriebliche Mitbestimmung und Gewerkschaften zugunsten eines uneingeschränkt agierenden Unternehmers ausgeschaltet sind.

Wahlkampf in Magdeburg

Die finanziellen Ungereimtheiten der letzten Monate im NPD-Bundesverband erschweren dem Magdeburger Kreisverband die Durchführung eines intensiven Wahlkampfes. Eine „Materialschlacht“ wie bei der DVU 1998 und 2006 blieb daher aus. Die extrem rechte Partei verlagerte ihre Aktivitäten auf das Internet. Eine eigene Wahlkampfseite bildet die Plattform für die Vorstellung der Kandidaten, des fragmentarischen Kommunalwahlprogramms sowie des seit Januar 2009 monatlich im PDF-Format erscheinenden „Magdeburger Stadtspiegels“. Zudem stellt die NPD eine neue Version ihrer Schulhof-CD zum Download bereit. Die 16 Tracks bedienen zahlreiche Themen des rechtsextremen Spektrums und greifen hierbei Versatzstücke der demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Ideologie auf. Die Erfahrungen zeigen, dass diese Musik gerade für Jugendliche ein identitätsstiftendes Angebot vorhält.

NPD-Kandidaten in Magdeburg

In Magdeburg kandidieren elf Mitglieder der NPD, allesamt männlich, für den Stadtrat: Andy Knape, Michael Grunzel, Matthias Gärtner, Andreas Krause, Gustav Haenschke, Florian Fuhrmann, Sascha Braumann, Bennet Schulze, Christian Schwidder, Tino Steg und Thomas Bartsch. Ein Großteil von ihnen besetzt heute in Sachsen-Anhalt und teilweise auch bundesweit führende Positionen in der NPD und/oder ihrer Jugendorganisation, den „Jungen Nationaldemokraten“ (JN).

Während Grunzel und Krause als weitgehend unbeschriebene Blätter gelten können, stammen mit Knape, Fuhrmann, Braumann, Schulze, Schwidder und Steg die Hälfte der Kandidaten aus dem Spektrum der neonazistischen „Freien Kameradschaften“. Diese traten in Magdeburg in den zurückliegenden Jahren  unter verschiedenen Namen öffentlich in Erscheinung: „Kameradschaft Festungsstadt“, „Nationale Sozialisten Magdeburg“, „Initiative gegen das Vergessen“ und „Sport- und Freizeittreff e.V.“. Der Personenkreis zeichnet sich u.a. für die jährlichen Aufmärsche zum Jahrestag der Bombardierung am 16. Januar 1945 verantwortlich.

Der 25-jährige Politikstudent Matthias Gärtner gilt als einer der intellektuellen Köpfe der rechtsextremen Szene in Sachsen-Anhalt. Er ist stellvertretender Vorsitzender des NPD-Landesverbandes und stellvertretender Bundesvorsitzender der JN. Gärtner war 2007 Mitbegründer des „Nationalen Bildungskreises“ (NBK), der auf die „Manifestierung einer geistigen Gegenelite“[1] im Sinne des Rechtsextremismus abzielt. An der Otto-von-Guericke-Universität gründete er die rechtsextreme Hochschulgruppe „Studentische Interessen“, konnte diese jedoch nicht dauerhaft etablieren. Gärtner ist auch als Autor des JN-Periodikums „Hier & Jetzt“ und bei rechtsextremen Aufmärschen in Sachsen-Anhalt präsent. So nutzte er im November 2008 eine neonazistische Demonstration „gegen Kindesmissbrauch“, um gegen den „negriden Präsidenten Kanack …äh … Barack Obama“ zu hetzen.[2] Bei der Eröffnung einer Ausstellung zum Thema „Neofaschismus in Deutschland“ in Berlin-Marzahn 2008 bezeichnet er die Bundesrepublik Deutschland als „schwach und verkommen“. Nach der Räumung eines rechten Objektes in Magdeburg-Neustadt im August 2008 drohte Gärtner den Verantwortlichen von Polizei und Innenministerium: „Die Gestalten machen es nicht mehr lange und die Knüppelschwinger von einst sind dann nicht Vergessen. Versprochen!“.[3]

Andy Knape (24), Kaufmann und VWL-Student, ist Landesvorsitzender der JN Sachsen-Anhalt und Mitglied des Landesvorstandes der NPD. In seiner Funktion als JN-Vorsitzender wurde er im Februar 2009 auf Grund der Ankündigung einer „Schulungs- und Informationsveranstaltung“ in Magdeburg anlässlich des Todestages von Horst Wessel, einem von den Nazis nach seinem Tod 1930 zum Märtyrer stilisierten SA-Mann, wegen des Verdachts auf Verherrlichung des Nationalsozialismus angezeigt.[4]

Der Informatikstudent Bennet Schulze (25) trat in Magdeburg erstmals als Mitglied der rechtsextremen „Kameradschaft Festungsstadt“ und Betreiber ihrer Website „Festungsstadt Magdeburg“ in Erscheinung.[5] Heute bekleidet er den Posten des Landesgeschäftsführers der JN Sachsen-Anhalt. Schulze wurde nach einem Überfall auf linke Jugendliche am 1. November 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu acht Monaten Haft bei drei Jahren auf Bewährung verurteilt. Mitangeklagter in diesem Prozess war Florian Fuhrmann (32)[6], nach eigenen Angaben noch Schüler, der ebenfalls für die NPD kandidiert. Im Nachgang des rechtsextremen Aufmarschs am 15. Januar 2005 wurde Bennet Schulze außerdem aufgrund von Hetzparolen gegen Magdeburgs Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 4 ½ Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.[7]

Der Krankenpfleger Sascha Braumann (32) ist stellvertretender Landesvorsitzender der JN  und Leiter des „JN-Stützpunktes“ Magdeburg. Er war Musiker in der Rechtsrock-Band „System Coffin“. Braumann stand 2008 in Halle vor Gericht. Ihm wurde zur Last gelegt, weiterhin für das im Jahr 2000 vom Bundesinnenminister verbotene, militante Neonazi-Netzwerk „Blood and Honour“ (deutsch: „Blut und Ehre“) aktiv gewesen zu sein.[8]

Tino Steg, Jahrgang 1982, fiel insbesondere im Nachgang der polizeilichen Räumung eines rechtsextremen Treffpunkts im August 2008 in der Alten Neustadt auf. Die eingesetzten Polizeibeamt/innen stießen dabei auf massive Gegenwehr der 250 Besucher/innen eines Rechtsrock-Konzertes und wurden u.a. vom Dach des Gebäudes mit einem Feuerlöscher beworfen. Steg soll Mieter dieses Objektes in der Sieverstorstraße gewesen sein. Zuvor trat er bereits als Security im Thor-Steinar-Geschäft „Narvik“ im Hundertwasserhaus in Erscheinung.

Der gebürtige Magdeburger Gustav Haenschke (61) war bis zu seinem Wechsel in die NPD im Jahr 2005 Ortsvorsitzender der SPD.[9] Im Oktober 2007 wurde ihm durch den Magdeburger Oberbürgermeister ein sechsmonatiges Hausverbot für das Alte Rathaus erteilt. Die bis dato beispiellose Entscheidung war eine Reaktion auf eine Droh-Email, die Haenschke an einen Stadtrat geschickt hatte. Neben persönlichen Beleidigungen gegen diesen und seine Familie enthielt sie auch die Drohung, er sei „bei Winteranfang nicht mehr da“.[10]

NPD-Abgeordnete in kommunalen Gremien

Das Engagement der NPD in Sachsen-Anhalt und anderen Bundesländern auf der kommunalen Ebene zeigt den hohen strategischen Stellenwert der Kommunalpolitik für die Partei. Um das Ziel der „Systemüberwindung“ zu erreichen, betrachtet sie gefestigte Strukturen auf lokaler und regionaler Ebene als erforderlich. Die kommunalpolitische Präsenz ermöglicht den NPD-Mandatsträger/innen durch den direkten Kontakt zu den Bürger/innen an der Basis für ihre rechtsextreme Ideologie zu werben.

Verschiedene Studien der letzten Jahre haben das Agieren der NPD in Kreistagen und Gemeinderäten untersucht. Die dort beschriebenen Erfahrungen können als Grundlage dienen, um das mögliche Agieren der NPD nach einem Einzug in den Magdeburger Stadtrat einzuschätzen. Im Gegensatz zur großen Bedeutung, die die NPD ihrer sichtbaren Kommunalpolitik beimisst, erweisen sich ihre Mandatsträger/innen zumeist als weniger aktiv als die Abgeordneten demokratischer Parteien. Sie zeigen nur geringes Interesse an konstruktiver kommunalpolitischer Arbeit. Nur selten sind sie in Ausschüssen präsent. Mitunter tritt die NPD aber auch aggressiv und aktionistisch auf. Ihre Abgeordneten nutzen die politische Bühne der Kreistage, um zu provozieren und sich als radikale Gegner des „Systems“ zu profilieren, leisten aber keinen konstruktiven Beitrag zur politischen Arbeit.

Diese Erfahrungswerte lassen erwarten, dass auch NPD-Mandatsträger im Magdeburger Rathaus ihr Mandat hauptsächlich für aggressive Provokationen und ihre Selbstdarstellung als „Fundamentalopposition“ nutzen würden. Die finanziellen und personellen Ressourcen, die ihr bei Einzug mit drei Abgeordneten als Fraktion zur Verfügung stünden, kämen – besonders vor dem Hintergrund der aktuell prekären finanziellen Situation der NPD – vor allem ihren außerparlamentarischen Aktivitäten sowie dem weiteren Ausbau der Parteistrukturen zugute.

Konsens der demokratischen Parteien

Anlässlich des Wahlantritts der NPD haben die im Magdeburger Stadtrat vertretenen Parteien bereits im März 2009 einen gemeinsamen Wahlaufruf mit dem Titel „Keine Stimme der NPD – Ihre Stimme für Demokratie, gegen Rechtsextremismus und Gewalt!“ verabschiedet. In diesem heißt es:

Die NPD bemüht sich um ein “Saubermann-Image“’. Ein genauerer Blick zeigt jedoch, wofür sie wirklich steht: nationalistischen Wahn nach einer Volksgemeinschaft, Antisemitismus, Führerkult, rassistische Ausgrenzungspolitik, Verherrlichung des Nationalsozialismus und Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus.

In Magdeburg wird dies alljährlich durch die Aufmärsche zum Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs am 16. Januar 1945 deutlich. Dabei betreibt die NPD aktive Geschichtsverfälschung. Sie ignoriert den industriellen Massenmord an den Juden Europas im Zweiten Weltkrieg und versucht das Gedenken an die Bombenopfer für sich zu vereinnahmen.

Auch kam es in Magdeburg mehrfach zu rechten Übergriffen. Erst im August 2008 erlag ein Student vor einer Magdeburger Diskothek den Folgen rechtsextremer Gewalt. Es gibt viele, die dies nicht hinnehmen, die sich nicht von den Rechtsextremen einschüchtern lassen. Mit ihnen stellen wir uns gegen Neonazismus, Rassismus, Antisemitismus und jede Form extremistischer Gewalt. Wir, die kommunalen Vertreter der demokratischen Parteien, lassen die Betroffenen nicht alleine und stehen für ein solidarisches Zusammenleben aller Menschen. Wir setzen ein Zeichen für eine tolerante und weltoffene Stadt! Wir treten den rechtsextremen Parteien  engagiert entgegen.

Helfen Sie durch Ihre Teilnahme an der Stadtratswahl, der NPD einen Strich durch die Rechnung zu machen!

Keine Stimme den Nazis – weder im Parlament, noch auf der Straße oder im Verein!

Redaktionsschluss: 26. Mai 2009

Herausgeber: Bündnis gegen Rechts Magdeburg, https://bgrmagdeburg.wordpress.com


[1] http://www.endstation-rechts.de/index.php?view=article&catid=115

[2] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,589218,00.html

[3] Ministerium des Inneren des Landes Sachsen-Anhalt: Verfassungsfeind NPD – Dokumente eines Kampfes gegen die Demokratie, S. 41

[4] http://www.endstation-rechts.de/index.php?option=com_content&task=view&id=2941&Itemid=387

[5] Tessnow, Katja: Lutz Trümper zog erfolgreich gegen rechte Hetze vor Gericht, Magdeburger Volksstimme, 16.03.2006

[6] Aktenzeichen des Landgericht Magdeburg: 22NS101/05

[7] Tessnow, Katja: Lutz Trümper zog erfolgreich gegen rechte Hetze vor Gericht, Magdeburger Volksstimme, 16.03.2006

[8] Löwe, Katrin: Neonazi-Gruppe wollte im Untergrund agieren, Magdeburger Volksstimme , 22.02.2008

[9] Borchert, Winfried: Ehemaliger Regierungsfahrer marschiert jetzt bei den Rechtsextremisten, Magdeburger Volksstimme, 12.04.2007

[10] Ließmann, Peter: Hausverbot: Stadt setzt NPD-Mann vor die Rathaustür, Magdeburger Volksstimme, 05.10.2007

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